TEN DAYS - Artists in Residence

TEN DAYS: EINE GUTE GESELLSCHAFT

Wenn Sie diese Zeilen jetzt lesen, wird sich kaum jemand mehr daran erinnern, aber im Oktober 2009 wurde zum ersten Mal in der Geschichte des Wirtschaftsnobelpreises eine Frau ausgezeichnet – Elinor Ostrom aus Amerika. Ihr Thema: Interaktions- und Lösungsprozesse bei Nutzung und Verteilung von GEMEINSCHAFTSGÜTERN, wie z.B. reine Luft, Trinkwasser, Wissen und Bildung, aber auch KULTUR. Ausgang nahm ihre Arbeit in Los Angeles der 1940er Jahre, als durch riesige spekulative Energieprojekte und unmäßigen Wasserverbrauch für Plantagen die gesamte Stadt Los Angeles fast ohne Wasser war, da der Grundwasserspiegel dramatisch absank. Die Lösung konnte letztlich nicht durch Markt oder Staat gefunden werden, sondern NUR durch Kommunikation, Kooperation und Konfliktlösung auf einer lokalen Akteure-Ebene.

Was uns heute dabei, auch im Kontext eines so wunderbaren LEADER-Projektes wie TEN DAYS interessieren kann, ist durchaus denkwürdig:

Aus den Arbeiten der fast 60-jährigen Forschungstätigkeit von Frau Ostrom, die 2009 zum Nobelpreis geführt haben, lassen sich nämlich verblüffende Parallelen für jene Mechanismen und Parameter herauslesen, die uns, auf ein Projekt wie TEN DAYS übertragen, anschaulich zeigen (könnten), worin die Prozessfaktoren für erfolgreiche u.a. kulturpolitische Intervention liegen. Stark vereinfacht ausgedrückt sagt sie:

Primäre Erfolgsvoraussetzung sind Gruppen von moderater Größe und zwar unabhängig von einer Regionsgröße. Bei TEN DAYS war dies das Zusammenspiel der Lokalen Aktionsgruppe (LAG), die sich intensiv mit dem Thema ZEITKULTUR auseinandersetzt, mit der Kulturplattform KUNST OST und den Aktivgruppen KOMM.ST, K.U.L.M. und FestivalKunstAllianz.

Motivation und Lösungsbereitschaft wird immer durch den Grad der Betroffenheit in dieser Gruppe determiniert. LEADER-Kontext: Hohe Identifikation durch/an regionale(n) Themen!

Erst dadurch wird der notwendige Kommunikations- und Kooperationsprozess ausgelöst. Systemisch innerhalb dieser Gruppe wie außerhalb!

Erst dieser Prozess bedingt das spontane Auftauchen von lokalen Lösungen, die für ein übergeordnetes „Problem“ eine modellhafte Sprache gefunden haben. LEADER-Kontext: Visionserweiterung, Übertragbarkeit.

Weitgehende Losgelöstheit dieser Prozesse von Staat und Markt. LEADER bedeutet endogene Regionalentwicklung!

All dies führt zur Erkenntnis, dass der „Sinn“ eines sozialen Systems (und ich begreife eine REGION, eine LAG, und lokale Akteure wie jene rund um TEN DAYS als ein solches) NUR durch Bezug auf ein übergeordnetes System erklärt werden kann. TEN DAYS hat gezeigt, hat erfolgreich gezeigt, dass die Verantwortung für lokales Handeln NUR in übergeordneten Zielsetzungen begründet werden kann.  

TEN DAYS war in beiden Jahren seiner Umsetzung vielschichtig ... (auch) laut, schrill, bunt ... dann wieder poetisch. Wer erinnert sich nicht an den Kite Wizard? Jedenfalls immer zeitgemäß, niemals mit erhobenem Zeigefinger, aber eben immer subtil spielend mit Themen wie Entfremdung (zu HEIMAT, dem ANDERSSEIN, der Stigmatisierung einer von DORT zu sein), wie LEERE, die sich im ländlichen Raum breitmacht - nicht nur in den verlassenen Wohnräumen, auch in den Köpfen. Eine Leere, der man nur begegnen kann, indem sich diese „Bilder im Kopf“ umdeuten (lassen), und zwar in einem exemplarischen Prozess der KREATIVEN Partizipation, der niemanden ausschließt und jede(n) einzelne(n) (und es waren viele), die/der sich darauf eingelassen hat, bereichert entlässt.

Und damit übernimmt LEADER und im exemplarischen Einzelfall TEN DAYS - aus meinem Verständnis heraus - eine immanent gesellschaftspolitische Aufgabe. Denn LEADER will vor allem, dass SIE innerhalb der Gemeinde, innerhalb der Region/LAG und über die LAG-Grenzen hinweg  KOMMUNIZIEREN und was/wer immer Kommunikation betreibt, ist bzw. begründet Gesellschaft, im LEADER-Kontext hoffentlich „Eine gute Gesellschaft“.

Lassen Sie uns diesen TEN DAYS weitere folgen!

Mag. Gerald Gigler, Koordination LEADER, Land Steiermark